Ein Start-up aus München möchte mit Hunderten Satelliten Autos und Industrieanlagen fernsteuern. Derzeit läuft Suche nach Investoren.
Nachdem US-Konzerne wie Google und Facebook die digitalen Medien dominieren, darf Europa nicht auch bei neuen Raumfahrtanwendungen ins Hintertreffen geraten. Diese Ansicht vertritt Matthias Spott, Gründer und Geschäftsführer von Eightyleo in München.
Das 2015 gestartete Unternehmen verfolgt eine ambitionierte Vision: "Wir haben das Ziel, zum Oneweb von Europa zu werden", sagt der 45-Jährige der "Welt".
Damit spielt er auf das im vergangenen Jahr vorgestellte Vorhaben des US-Unternehmens Oneweb an, mit bis zu 900 Kleinsatelliten ein weltumspannendes Kommunikationsnetz im All zu errichten. Die Satelliten sollen von Airbus in den USA gebaut werden. Die Pläne der deutschen Firma Eightyleo zielen jedoch nicht auf die Internet-Versorgung der Bevölkerung aus dem All, sondern richten sich an Industriebranchen, Handel und Verkehr – also Geschäftskunden. "Wir wollen mit Hunderten Satelliten ein Netz aufbauen, mit dem beispielsweise eine Überwachung und Steuerung von Maschinen nahezu in Echtzeit möglich ist", sagt Spott.
Deutschland habe mit der digitalen Vernetzung von Fertigungsprozessen unter dem Stichwort Industrie 4.0 eine Vorreiterstellung. Damit Fabriken aber international gesteuert werden könnten, seien schnelle, breitbandige Datenströme, bis hin zu Videos, notwendig. Ein weiteres Anwendungsfeld könnte die Autoindustrie mit der künftigen Vernetzung der Fahrzeuge oder dem autonomen Fahren sein. "Über Satelliten könnten zum Beispiel Software-Updates in die Fahrzeuge übertragen werden", sagt Spott.
Der Luft- und Raumfahrtingenieur, der vor seiner Selbstständigkeit zuletzt als Geschäftsführer beim Luftfahrt-TÜV IABG tätig war, steckt derzeit in der Detailarbeit für das Projekt. Aus ersten Planungen mit 80 Satelliten wurden inzwischen "mehrere hundert". Die Gesamtkosten lägen bei grob zwei Milliarden Euro, sagt Spott. Eine Handvoll der etwa 150 Kilo schweren Kleinsatelliten soll für erste Versuche 2018 ins All fliegen. Die Gesamtkonstellation sollte dann "Anfang der zwanziger Jahre" in Betrieb gehen.
Derzeit läuft die Investorensuche für zunächst zehn Millionen Euro. Ziel sei in einem weiteren Schritt, große künftige Anwender auch als Investoren zu gewinnen. Die Firma stehe vor Kooperationsvereinbarungen über Machbarkeitsstudien mit renommierten europäischen Konzernen, heißt es in einer Mitteilung.
Spott räumt ein, dass sein Vorhaben gegenüber internationalen Projekten im Bereich "Internet für alle", extrem ambitioniert ist. So hat Oneweb bereits 500 Millionen Dollar unter anderem von Airbus und Coca Cola eingesammelt. An Megaprojekten mit bis zu 4000 Satelliten arbeiten auch der US-Raumfahrtkonzern SpaceX und Google. Dank billigerer Transporte ins All und kleiner Satelliten, die künftig am Fließband gefertigt werden, herrscht in der Raumfahrtbranche derzeit Aufbruchstimmung.
Durch die im Silicon Valley ausgelöste "New Space"-Bewegung mit neuer Satelliten- und Raketentechnik drängen risikofreudige Privatunternehmer in den Markt. Statt zwei Satelliten im Jahr will die Airbus-Raumfahrtsparte bis zu vier an einem Tag produzieren. Das Vorhaben von Eightyleo will im Unterschied zu Wettbewerbern damit punkten, dass "die Datenhoheit in den Händen der Kunden bleibt und damit die Datensicherheit gewährleistet ist", erläutert Spott.
Es könnten angeblich Daten nicht unberechtigt abgesaugt werden. "Die Server stehen in Deutschland", betont der Ingenieur. Er sieht das Vorhaben auch als ein Projekt zur Technologiesicherung in Deutschland und Europa.
Als Beleg, dass sein Vorhaben mehr als ein Traum ist, verweist Spott auf eine "vielversprechende Kooperation mit einem europäischen Partner", den er allerdings nicht namentlich nennen will. Über ihn gebe es bereits einen Fuß in der Tür in der alles entscheidenden Frage der Sicherung der Funkfrequenzen aus dem All bei der internationalen Telekombehörde ITU. Spott ist zuversichtlich, dass es in der komplexen Schlüsselfrage der Frequenzen eine Lösung geben wird. Er sieht seine Firma als einen Beleg für den Umbruch in der Branche.